In dem heutigen Beitrag von KRISENSICHER – Dem Blog rund um Organisationale Resilienz in der Polykrise geht es um den Begriff der Krisenresilienz.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) strebt eine führende Rolle Deutschlands bei der Kreislaufwirtschaft mit langer Wiederverwendung von Rohstoffen und Materialien an. „Unser Ziel ist es, globaler Vorreiter für zirkuläre Technologien und Produkte zu werden”, sagte Scholz kürzlich anlässlich eines Treffens der Allianz für Transformation in Berlin.
In einem Beitrag auf dem „Blog politische Ökonomie“ des Wirtschaftsforums der SPD wird die Aussage des Kanzlers auch gleich als Maßnahme zur Resilienzsteigerung eingeordnet. Unter der Überschrift „Kreislaufwirtschaft ist Resilienz“ heißt es: „Funktionierende Stoffkreisläufe, insbesondere funktionierende Rohstoffkreisläufe sichern die Resilienz einer Volkswirtschaft und sind die Basis für mehr Rohstoffsouveränität. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass mangelnde Rohstoffsouveränität zu hochriskanten Abhängigkeiten führen kann.“
Noch weiter geht der Verband Deutscher Metallhändler und Recycler. In einer Pressemitteilung zum Treffen der Allianz für Transformation benutzt der Geschäftsführer des Verbandes, Kilian Schwaiger, gar gleich den Begriff Krisenresilienz: „Unsere Betriebe stellen durch das Sammeln und Sortieren von Schrotten sicher, dass der heimischen Industrie ausreichend Metalle in der benötigten Menge und Qualität zur Verfügung stehen. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Krisenresilienz unseres Wirtschaftsstandortes.“
Politik und Wirtschaft haben Resilienz entdeckt
Nur ein Beispiel aus einem beliebigen Politikthema und einer beliebigen Branche: Die Begriffe Resilienz und auch Krisenresilienz sind in aller Munde. Alle wollen dabei sein, keiner in Politik und Wirtschaft außen vor bleiben, wenn es um eine Neukartierung des Wirtschaftslebens in einer krisenhaften Epoche der Geschichte geht. Einer Epoche, die wir Macher des Blogs KRISENSICHER als Polykrise bezeichnen.
Dass Politik und vor allem die Wirtschaft jetzt so massiv das Phänomen der Resilienz entdecken, ist gut und schlecht zugleich. Gut ist es, weil mehr und mehr Unternehmenslenker erkennen, dass sie ihre Betriebe, Fabriken und Konzerne krisensicher und das heißt vor allem krisenresilient machen müssen.
Gut ist es, weil auch die Politik endlich anfängt, sich über gesamtgesellschaftliche Resilienz Gedanken zu machen und auch Maßnahmen ergreift. Beispielsweise indem sie die Bundeswehr wieder zu einer Organisation der Bündnis- und Landesverteidigung umbaut. Oder bestimmte Branchen wie eben die Recycler stärkt, weil die für ein rohstoffabhängiges Land wie die Bundesrepublik sehr wichtig sind.
Resilienz darf kein Lippenbekenntnis sein
Dass Resilienz jetzt in aller Munde ist, ist deshalb ein gutes Zeichen für eine Trendwende. Doch das ist aus zwei Gründen noch nicht genug. Zum einen darf die Verwendung des Wortes nicht nur ein Lippenbekenntnis sein. Etwas, das sich schick anhört, ein Modewort, das bei der nächsten Gelegenheit wieder dem Vergessen anheimfällt. Dazu ist die Umgestaltung der Unternehmen und Organisationen, ja der gesamten Gesellschaft hin zu mehr Resilienz einfach zu wichtig angesichts der Herausforderungen des Zeitalters der Polykrise.
Zum anderen aber führt die Verwendung des Begriffes zu einer Beliebigkeit und Entleerung des Wortes. Wir Krisenmanager sind uns der Bedeutung des Begriffes sehr bewusst, gehört er seit langem zum begrifflichen Repertoire unseres Metiers. Er hat sich in den letzten Jahren sogar zu einem der Zentralbegriffe unserer Profession entwickelt.
Deshalb fürchten wir uns vor einer Verwässerung des Begriffes durch falschen Gebrauch. Wir müssen Klarheit schaffen und aufklären. Das ist unter anderem Ziel dieses Blogs KRISENSICHER, der im Untertitel heißt: Der Blog rund um Organisationale Resilienz in der Polykrise.
Wie Organisationale Resilienz erworben werden kann
In unserem neuen Blog setzen sich ab sofort Experten für Krisenmanagement, Krisenkommunikation, Informationssicherheit, Cybersecurity oder auch Corporate Security Intelligence regelmäßig damit auseinander, wie Organisationale Resilienz aber auch gesamtgesellschaftliche Resilienz erworben werden kann.
Wenn wir über Resilienz reden, dann können wir generell vier Ebenen unterscheiden: (1) individuelle Resilienz, (2) Team-Resilienz, (3) Organisationale Resilienz und (4) gesamtgesellschaftliche Resilienz. Zwar hängen alle vier Ebenen miteinander zusammen, doch kann man klar eine Arbeitsteilung der Professionen abgrenzen.
Die Herstellung von individueller Resilienz – auch gegenüber persönlichen Krisen – von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist das Arbeitsgebiet von Beratern oder Coaches zur Persönlichkeitsentwicklung. Sie setzen am Individuum an. Für die Team-Resilienz sind dagegen Trainer oder Berater für Teambuilding zuständig.
Organisationale Resilienz setzt bei Prozessen und Strukturen an
Zwar ist es von Vorteil für die Resilienz eines Unternehmens oder einer Organisation, wenn die Mitarbeiter und Teams Resilienz vorweisen können. Doch die ersten beiden Ebenen sind normalerweise nicht das Arbeitsgebiet von Krisenmanagern. Bei ihnen geht es um die dritte und vierte Ebene: um Organisationale Resilienz und gesamtgesellschaftliche Resilienz. Für diese beiden Ebenen kann man auch das Wort Krisenresilienz verwenden, weil sie eng miteinander verknüpft sind.
Bei der Organisationalen Resilienz wiederum dreht sich alles darum, welche Vorbereitungen eine Organisation, also ein Unternehmen, eine Behörde, ein Verband etc. für eine Krise treffen kann. Der Grundgedanke dabei ist, dass es auf der Ebene der Arbeitsorganisation Strukturen und Prozesse gibt, die sich so gestalten lassen, dass Unternehmen präventiv eine möglichst hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber krisenhaften Ereignissen aufbauen. Das geschieht durch Stärkung der Alltagsprozesse.
Daneben sollte es sich auch eine hohe Bewältigungsfähigkeit aufbauen, das heißt ein Unternehmen sollte in der Lage sein, reaktiv auf ausgebrochene Krisen zu reagieren. Das geschieht durch Stärkung des Krisenmanagements. Von den beiden Faktoren Widerstandsfähigkeit und Bewältigungsfähigkeit hängt die Resilienz einer Organisation ab. Sind beide sehr hoch, ist das Unternehmen auch sehr resilient gegenüber Krisen. Wie beide Faktoren erhöht werden können, darum geht es zukünftig auch in unserem Blog.
Resilienzaufbau ist vornehmste Aufgabe der Politik
Für gesamtgesellschaftliche Resilienz zu sorgen, so das Verständnis der Macher dieses Blogs, ist in einer Demokratie eine der vornehmsten und auch wichtigsten Aufgaben der Politik und des ihr untergeordneten Staatsapparates. Ihre Aufgabe ist es, eine Gesellschaft für eine mögliche Krise vorzubereiten und dafür alle präventiven Maßnahmen zu ergreifen.
Eine dieser präventiven Maßnahmen für die Herstellung gesamtgesellschaftlicher Resilienz ist es unter anderem, Streitkräfte zur Verteidigung aufzustellen. Doch das ist nur eine von vielen, die Staaten ergreifen, um sich auf Krisen der verschiedensten Art vorzubereiten. Dazu gehört auch, bestimmte Unternehmen oder Branchen zu fördern, weil sie für die Sicherstellung von Rohstoffen besonders wichtig sind, wie das Beispiel der Recyclingindustrie zeigt.
Die Ebene der Organisationalen Resilienz und der gesamtgesellschaftlichen Resilienz allerdings sind sehr eng verzahnt. Denn viele Unternehmen und Institutionen stellen beispielsweise Dienstleistungen oder Produkte bereit, die für die Gesellschaft überlebenswichtig sind. Beispielsweise Krankenhäuser. Wenn die medizinischen Einrichtungen eines Landes sowohl eine hohe Widerstandsfähigkeit als auch eine hohe Bewältigungsfähigkeit haben, dann stärkt das auch die gesamtgesellschaftliche Resilienz.
Rico Kerstan ist der Gründer und Geschäftsführer der KR Krisensicher Risikoberatung GmbH. Im Blog KRISENSICHER schreibt er unter anderem über Krisenmanagement, Cybersecurity, Informationssicherheit und die Arbeit in Krisenstäben.