Im heutigen Beitrag von KRISENSICHER, dem Blog rund um Organisationale Resilienz in der Polykrise, beschäftigt sich Christian F. Hirsch näher mit der Fähigkeitstrias des Krisenmanagements: Widerstandsfähigkeit, Bewältigungsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit. Er erklärt, wie wichtig sie auch für die Kommunikationsresilienz einer Organisation ist.

Eine Organisation, die Krisen überstehen will, muss Krisenresilienz, auch als Organisationale Resilienz bezeichnet, aufbauen. Krisenresilienz ist dabei nach André Röhl und Rico Kerstan das Vermögen einer Organisation und ihrer Bestandteile, geplante, unerwartete und neue Ereignisse zu überstehen.

Um die Krisenresilienz zu erhöhen, muss eine Organisation erstens ihre Widerstandsfähigkeit durch die Stärkung der Alltagsprozessen verbessern. Das verhindert oft schon eine Krise oder verzögert sie zumindest. Dies ist die präventive Seite von Krisenmanagement.

Außerdem sollte eine Organisation zweitens ihre Bewältigungsfähigkeit in der akuten Krise stärken. Darunter ist die Fähigkeit zu verstehen, mit Krisen umzugehen, die in ihrer Auswirkung die Widerstandsfähigkeit einer Organisation übersteigern. Das ist die reaktive Seite des Krisenmanagements und geschieht durch die Stärkung der Krisenmanagementstrukturen und -prozesse

In der Krise treten neben die Alltag-Stakeholder neue Stakeholder

Und drittens sollte eine Organisation, um ihre Krisenresilienz zu erhöhen, auch ihre Kooperationsfähigkeit erhöhen. Gerade in einer Krise zeigt sich, dass neben die Stakeholder der Alltagsprozesse und des Alltagshandels oft andere Stakeholder treten oder sogar wichtiger werden als die Kontakte, die sonst für eine Organisation wichtig sind.

Die Erhöhung der Kooperationsfähigkeit einer Organisation für den Krisenfall kann auch als präventive Netzwerkarbeit für den Krisenfall bezeichnet werden. In der Krisenmanagementszene hat sich dafür folgender Spruch eingebürgert: „In der Krise Köpfe kennen.“

Ein Beispiel mag die Fähigkeitstrias des Krisenmanagements – Widerstandsfähigkeit, Bewältigungsfähigkeit und Kooperationsfähigkeit – verdeutlichen: Wer sich vor einem Hochwasser schützen will, sollte die Widerstandsfähigkeit der bestehenden Deiche erhöhen. Je höher und professioneller die Deiche gebaut und je besser sie dann auch kontinuierlich gepflegt werden, desto unwahrscheinlicher wird es, dass ein Deich bricht.

Für das reaktive Krisenmanagement muss man Strukturen aufbauen

Doch es gibt keinen Deich, der nicht einmal brechen kann. Deshalb ist es wichtig, für das reaktive Krisenmanagement Strukturen aufzubauen, Prozesse zu entwickeln und diese vor allem auch ständig einzuüben.

Nur wenn die Strukturen für die Krise stehen und auch jeder weiß, was er machen muss, dann kann die Krise – in diesem Fall beispielsweise ein Deichbruch – auch gemeistert werden. Zum präventiven Krisenmanagement für Hochwasser gehört unter anderem, genügend Sandsäcke einzulagern, oder Regelungen zu treffen, wie die Säcke im Krisenfall befüllt werden und von wem.

Doch gerade das Beispiel Deichschutz zeigt, wie wichtig es ist, ebenso die Kooperationsfähigkeit einer Organisation zu erhöhen. Wer erst kurz vom Bruch des Deiches googelt, welche anderen Behörden oder Institutionen einem helfen können, der ist verloren.

Krisenmanagementdienstleister haben wichtige Kontakte

Dasselbe gilt auch für Unternehmen: Wer beispielsweise bei einem Ransomewareangriff, der die gesamten IT-Infrastruktur lahmlegt, dann erst nach Spezialisten googeln will, ist aufgeschmissen. Wer schon einmal nach einem Schlüsseldienst mit Notdienst gesucht hat, weiß warum. Für einen solchen Fall ist es gut, dass man schon vorher die richtigen Leute kennt.

Oder zumindest schon Kontakt zu einem Krisenmanagementdienstleister hat. Die wissen nämlich genau, wen sie anrufen müssen, weil sie mit den entsprechenden Experten schon lange zusammenarbeiten. Sie kennen die richtigen und wichtigen Köpfe.

Kommunikationsresilienz wiederum ist Teil der Krisenresilienz einer Organisation. Kommunikationsresilienz wird dabei verstanden als die Kompetenz einer Organisation, krisenbeladene oder zu Krisen führende Kommunikationsherausforderungen zu überstehen.

Jede Krise hat heute einen medialen Zwilling

Kommunikationsherausforderungen sind alle internen und externen Kommunikationsakte, die über die Regelkommunikation hinausgehen und die potentiell zu einer Kommunikationskrise führen können.

Dabei gilt in Zeiten einer mediatisierten Welt: Jede Krise einer Organisation hat heute immer auch einen medialen Zwilling. Heißt: Jede Organisations- oder Unternehmenskrise zieht oft automatisch auch eine Kommunikationskrise mit sich.

Deshalb ist es für jede Organisation heute wichtig, nicht nur die Organisationale Resilienz zu erhöhen. Unvermeidbar, um Krisen gut überstehen zu können, ist es auch, die Kommunikationsresilienz zu stärken.

 Kommunikatoren müssen in das Krisenmanagement eingebunden sein

Und das erfolgt ebenso nach der Kompetenztrias des Krisenmanagements: Stärkung der präventiven Widerstandsfähigkeit, der reaktiven Bewältigungsfähigkeit und präventiv auch der Kooperationsfähigkeit.

Deshalb sollten die Kommunikatoren einer Organisation nicht nur in das Krisenmanagement sehr eng eingebunden sein. Sie sollten vor allem in ihrem Verantwortungsbereich alle Maßnahmen ergreifen, damit die Gesamtorganisation kommunikationsresilienter wird.

So kann die kommunikative Widerstandsfähigkeit beispielsweise erhöht werden, wenn Frühwarnsysteme etwa in Form eines Issues Management etabliert werden. Das ist eine systematische Beobachtung dessen, was kommunikativ einer Organisation gefährlich werden könnte. So werden kritische Themen und Entwicklungen frühzeitig erkannt.

 Jede Kommunikationsabteilung sollte sich auf Krisen vorbereiten

Auch regelmäßige Szenarienanalysen helfen, kommunikative Schwachstellen zu finden und Maßnahmen zu ergreifen. Die Szene der Krisen- und Risikokommunikatoren hat dazu mittlerweile ein ganzes Repertoire an Methoden der Früherkennung entwickelt.

Jede Kommunikationsabteilung sollte sich strukturiert auf Krisen vorbereiten. Strukturiert heißt in diesem Fall, dass jeder weiß, welchen Beitrag er in einer Krisensituation zur Kommunikation oder auch nur zur Informationsbeschaffung zu leisten hat. Das setzt voraus, dass er die Entscheidungswege in einer Krise kennt.

Zur Stärkung der präventiven Widerstandfähigkeit gehört auch für Kommunikatoren, dass sie nicht nur an den verschiedenen Krisenübungen der Gesamtorganisation teilnehmen, sondern dass sie regelmäßig eigene Krisenkommunikationsübungen machen.

Nur wer ständig übt, ist gewappnet

Denn nur wer Krisenkommunikation ständig übt, ist in einer Krise gut gewappnet. Das heißt, die Organisation hat eine hohe Kommunikationsresilienz. Und nur wer eine solche Resilienz hat, ist in der Lage, in einer Krise die kommunikative Deutungshoheit über die Krise zu behalten.

Und der Verweis auf viel Erfahrung und gute Ergebnisse in der Regelkommunikation zählt nicht. Krisenkommunikation ist immer etwas anderes als die Normalkommunikation in Nichtkrisenzeiten. Das muss jedem professionellen Kommunikator klar sein.

In der akuten Krisensituation ist es dann wichtig, dass eine Organisation eine hohe krisenkommunikative Bewältigungsfähigkeit besitzt. Das heißt, es müssen Krisenkommunikationsstrukturen und -prozesse nicht nur vorhanden sein. Die Kommunikatoren müssen sie beherrschen und sich dann auch an ihnen halten. Das stärkt die Krisenresilienz.

Schon in Nichtkrisenzeiten für die Krise netzwerken

Und natürlich ist auch für die Kommunikatoren die dritte Säule der Krisenmanagementkompetenztrias absolut wichtig, um ihre Organisation kommunikationsresilient aufzustellen. Wer sich als Kommunikator darauf zurückzieht, dass er sagt, dass er die wichtigsten Journalisten und andere Kommunikationsstakeholder ja eh schon aus seiner Regelkommunikation kennt, hat schon verloren. In der Krise wechseln meist auch die Kommunikationsstakeholder.

Deshalb gilt: Wer seine Organisation kommunikationsresilient aufstellen will, netzwerkt schon in Nichtkrisenzeiten präventiv mit möglichen Krisenkommunikationsstakeholdern. Denn für Kommunikatoren gilt besonders: „In der Krise die richtigen und wichtigen Köpfe kennen.“

Christian F. Hirsch ist Chief of Staff der KR Krisensicher Risikoberatung GmbH. Im Blog KRISENSICHER schreibt er unter anderem über Krisen- und Risikokommunikation, Kommunikationsresilienz, Akzeptanzkommunikation oder die Social License to Operate.

 

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